Ohne Lehrkräfte gehts nicht! (57-09)

Der LSR setzt sich dafür ein, dass

ein zukunftsfähiges Bildungssystem erfordert die aktive Einbindung und Wertschätzung von Lehrkräften. In der Rolle als Schüler:innenvertretung erkennt der LSR die Notwendigkeit der Reform des Lehrkräfteberufs in Sachsen an. Diese ist unerlässlich, um qualitativen Unterricht zu sichern, aktuelle Entwicklungen aufzugreifen und dem wachsenden Lehrkräftemangel entgegenzuwirken. Der folgende Beschluss dient hierbei als Vorschlag und Kombination aus verschiedenen Maßnahmen, um das Interesse der hochwertigen Bildungslandschaft aus Sicht der Schüler:innen, unter dem Blickpunkt des Lehrkräfteberufs, wirksam gegenüber externen Akteur:innen zu vertreten. Dazu müssen die Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten flexibler und bedarfsgerechter gestaltet, Seiten- und Quereinsteiger:innen gezielt gewonnen und gleichzeitig eine ausreichende Ausstattung für Lehrkräfte sichergestellt werden. Um auch im bundesweiten Vergleich konkurrenzfähig zu bleiben, sind attraktive Rahmenbedingungen unerlässlich, um Sachsen als Standort für qualifizierte Lehrkräfte zu stärken. Zudem gilt es, das gesellschaftliche Ansehen des Berufs deutlich zu steigern, um mehr Menschen für diese anspruchsvolle und unverzichtbare Aufgabe zu gewinnen.

Lehrkräfteausbildung

Eine der wichtigsten Komponenten des Lehrkräfteberufs ist zweifelsohne die Pädagogik. Diese muss im Studium eine Priorisierung gegenüber einer zu starken fachlichen Vertiefung in universitäre und von schulischer Relevanz weit entfernte Inhalte erhalten. Der Pädagogikunterricht und der Praxisanteil während des Lehramtsstudiums sollen ausgebaut und verlängert werden. Ein praktischer Einblick in den Berufsalltag muss zudem schon deutlich früher geschehen, als dies aktuell der Fall ist. Das Studium sollte demnach zwingend dahingehend umgestaltet werden, dass alle Lehramtsstudent:innen bereits vor dem ersten Staatsexamen den Schulalltag und das Unterrichten als Lehrkraft erlebt und in eingeschränkter Form praktisch durchgeführt haben. 

Um eine bessere Abdeckung des ländlichen Raums, welcher stärker vom Lehrkräftemangel betroffen ist, zu erreichen, müssen Lehrkräfteausbildungen dezentralisiert und regionalisiert werden. Die Ausbildungsstätten von Lehrkräften in Sachsen sollen, soweit wie möglich, über den Freistaat verteilt sein. Neben den Einrichtungen an den drei Universitäten (TU Dresden, Universität Leipzig, TU Chemnitz) sollen jeweils Ausbildungsstandorte in Südwest- bzw. Ostsachsen eingerichtet und unterhalten werden. Insbesondere für die Ausbildung der Lehrkräfte für Grund- und, falls realisierbar, Oberschulen, sollen Standorte in allen Regionen vorhanden sein.

Angesichts des zunehmenden Lehrkräftemangels, welcher sich vor allem in den MINT-Fächern abzeichnet, muss sich die Lehrkräfteausbildung zwingend weiterentwickeln und mit flexibleren Konzepten diesen Entwicklungen entgegenwirken. Die „Primarstufe Plus“ der TU Chemnitz sowie die Integration weiterer Konzepte in die Studienlandschaft sollen ausgebaut werden. Es ist darüber hinaus darauf zu achten, dass Referendariat durch ein regionaleres Angebot zugänglicher und somit attraktiver zu gestalten.

Um die Attraktivität und bundesweite Konkurrenzfähigkeit des Lehrkräfteberufs in Sachsen zu erhöhen, soll die Anerkennung dualer Studiengänge für alle Schularten durch die Kultusministerkonferenz, sowie die Einführung eines dualen Lehramtsstudiums als flächendeckendes Angebot der sächsischen Lehrkräfteausbildung, erfolgen. In Anlehnung an bereits existierende Umsetzungen aus anderen Bundesländern, wie Thüringen oder Sachsen-Anhalt, soll während dieses Studiums ein regelmäßiger praktischer Einsatz der Studierenden an einer Schule erfolgen. Dies umfasst die kontinuierliche Bezahlung und eine zeitlich begrenzte Bindung der Studierenden, nach der erfolgreichen Absolvierung des Studienganges, an das Bundesland Sachsen als Arbeitgeber. Die Bezahlung erfolgt dabei durch den Freistaat Sachsen. Auch, wenn die Lehrkräfteausbildung einen höheren Praxisanteil haben soll, ist darauf zu achten, dass Studierende nicht voll ausgebildete Lehrkräfte ersetzen und im Unterrichten von ausgebildeten Lehrkräften in angemessenem Rahmen begleitet und unterstützt werden.

Im Rahmen des Lehramtsstudiums sollen Module zum Thema Schulrecht und Schüler:innenvertretung an den Universitäten angeboten werden. Dabei sollen sowohl die rechtlichen Grundlagen als auch die Strukturen der verschiedenen SV-Organe und ihre Rechte und Aufgaben betrachtet sowie auf mögliche Rollen der Lehrkräfte hingewiesen werden. Diese Module sind für alle Lehramtsstudierenden unabhängig von der Schulform verpflichtend. Die Schüler:innenvertretungen sollen beim Erstellen der Inhalte einbezogen werden. Die Selbstständigkeit der SV muss durch die vermittelten Inhalte zwingend gewährleistet werden. 

Seiten- und Quereinstieg

Seiten- und Quereinsteiger:innen stellen im sächsischen Bildungssystem einen unverzichtbaren Teil der Lehrkräften dar. Sie tragen zu einer vielfältigen Bildungslandschaft bei, wobei es ist nicht abzuerkennen ist, dass ohne sie der Lehrkräftemangel noch deutlich drastischere Ausmaße annehmen würde. Der Seiten- und Quereinstieg sollte durch eine offenere und gleichzeitig offensivere Einstellungspolitik gezielt gefördert werden.

Quereinsteiger:innen müssen dementsprechend durch eine fachliche und pädagogische Ausbildung mit Qualifikationen, welche sonst im Lehramtsstudium vermittelt werden würde, angemessen auf den Lehrkräfteberuf vorbereitet werden. Neben ausführlichen und personalisierten Einführungs- und Qualifizierungsphasen, wie sie bereits durchgeführt werden, sollten für Quereinsteiger:innen auch während des Schuldienstes genügend zuständige Ansprechpersonen, sowie umfassende Workshop-, Hospitier- und Weiterbildungsangebote zur Verfügung stehen, deren Finanzierung durch den Freistaat Sachsen zu sichern sind. In der Ausbildung ist ein besonderer Fokus auf die fachlichen Kompetenzen zu legen.

Seiteneinsteiger:innen müssen vor allem beim Einstieg in die Praxis verstärkt unterstützt werden. Dafür braucht es ausführliche und personalisierte Einführungs- und Qualifizierungsphasen. Zudem sollen entsprechende Workshop-, Hospitier- und Weiterbildungsangebote zur Verfügung stehen, deren Finanzierung durch den Freistaat Sachsen zu sichern sind.

Seiten- und Quereinsteiger:innen sollen für die Unterrichtung in Abschlussklassen zunächst eine Zusatzqualifikation erwerben, da trotz allem davon auszugehen ist, dass ein Lehramtsstudium für die Unterrichtung von Schüler:innen in so wichtigen Schuljahren besser qualifiziert. Der Erwerb der Qualifikation soll ab einem Jahr nach erfolgreichem Abschluss der Grundqualifizierung möglich sein. 

Eine gerechte Einstufung in die Entgeltgruppen muss sich an der tatsächlichen Tätigkeit und Leistung der Lehrkräfte orientieren. Da Seiten- und Quereinsteiger:innen in den meisten Fällen dieselben Aufgaben und Verantwortungen wie regulär ausgebildete Lehrkräfte übernehmen, müssen sie dafür auch entsprechend finanziell vergütet werden. Eine deutlich niedrigere Einstufung, wie sie aktuell der Fall ist, muss daher kritisch betrachtet werden. Gleichzeitig sollte es dennoch finanzielle Anreize durch eventuelle Zulagen und klare Aufstiegsperspektiven für Nachqualifizierungen geben. Für Nach- und Zusatzqualifizierung müssen außerdem realistische Perspektiven und angemessene Unterstützungsmaßnahmen geschaffen werden, welche die Durchführung der Angebote attraktiver und zugänglicher macht. Eine Gleichbehandlung von Seiten- und Quereinsteiger:innen muss auch im sozialen Gefüge der Schule gewährleistet werden.

Weiterbildung/ Fortbildung

In einer sich stetig verändernden Welt muss gewährleistet werden, dass sich Lehrkräfte selbständig neue Bereiche erschließen können, weshalb die Einführung eines Bildungsurlaubs nötig ist. Lehrkräften in Sachsen soll deshalb ein gesetzlich gesicherter Bildungsurlaub von 3 Tagen je Kalenderjahr zugesprochen werden. Darüberhinausgehende Weiterbildungen sollen weiterhin problemlos möglich sein.

Ein gutes Lernumfeld profitiert von einem qualitativ hochwertigen Unterricht. Um gegebenenfalls auch andere Lehrkonzepte und Methoden zu sehen und diese für sich zu gewinnen, ist es daher sinnvoll, wenn Lehrkräfte zwei Mal im Schuljahr dazu verpflichtet werden, im Unterricht einer anderen Lehrkraft derselben Schule zu hospitieren. Hierbei soll mindestens ein Viertel der besuchten Unterrichtsstunden außerhalb der eigenen Fachschaft liegen.

Allgemein muss durch entsprechende Aus- und Weiterbildungsangebote ein System geschaffen werden, welches eine Flexibilisierung der Qualifikation für verschiedene Schulformen schafft. Es sollen Möglichkeiten zur Qualifizierung für bereits ausgebildete Lehrkräfte geschaffen werden, welche auf den Einsatz in einer anderen Schulform vorbereiten. Entsprechend qualifizierte Lehrkräfte können flexibler zwischen verschiedenen Schulformen eingesetzt werden. So können beispielsweise Gymnasiallehrkräfte bei der Bedarfsdeckung an Oberschulen mithelfen, ohne dass sie dies außerhalb ihrer eigentlichen Kompetenzen ausführen müssen. 

Lehrkräfte, die in Ausbildungsstätten tätig sind oder Studierende im Referendariat betreuen, sollen dafür Abminderungsstunden erhalten.

Durch entsprechende Weiterbildungsangebote muss allgemein eine Flexibilität der Lehrkräfteaus- und weiterbildung auch im Hinblick auf zukünftige politische, wirtschaftliche, soziokulturelle oder technische Entwicklungen und damit verbundene, möglicherweise veränderten Anforderungen im Lehrkräfteberuf gewährleistet werden.

Qualitätssicherung

Um die Qualität des Unterrichts in den Schulen zu sichern, bedarf es einer guten fachlichen Betreuung durch das Staatsministerium für Kultus (SMK) sowie das Landesamt für Schule und Bildung (LaSuB). Um Entscheidungen zu treffen, die förderlich für die Lehrkräfte sind, müssen Lehrkräfte ans SMK oder LaSuB abgeordnet werden. Durch ihre Praxiserfahrung im Schulbetrieb und fachliche, sowie pädagogische Kompetenzen, können sie gezielt die Verwaltung in der Entscheidungsfindung unterstützen.

Um vor Ort Lehrkräfte bei der Umsetzung der Unterrichtsinhalte zu unterstützen, braucht es ausreichend regionale Fachberater:innen. Diese sollen für ihre zusätzliche Arbeit durch Abminderungsstunden ihrer Unterrichtsverpflichtungen angemessen vergütet werden.

Im Unterricht selbst sollen Lehrkräfte bei Bedarf durch fachliche Unterrichtsassistenzen unterstützt werden, welche Teil der multiprofessionellen Teams sein sollen.

Ausstattung von Lehrkräften

Um qualitativ hochwertigen und zeitgemäßen Unterricht zu gestalten und dabei die Möglichkeiten der Lehrkräfte auszubauen, benötigen Lehrkräfte Zugang zu aktuellen, hochwertigen Lehrmaterialien sowie digitalen Endgeräten mit geeigneter Software. Besonders wichtig ist dabei die Bereitstellung von Materialien für inklusiven Unterricht, wie Visualisierungshilfen oder Materialien in leichter Sprache. Die Finanzierung dieser darf nicht bei den Lehrkräften liegen. Für die zur Verfügung gestellte Ausstattung – insbesondere digitale Geräte und Lehrmaterialien – sind zudem entsprechende Einführungen und Fortbildungen erforderlich. Durch die flächendeckende Einführung von multiprofessionellen Teams sollen Lehrkräfte in ihren Aufgaben zusätzlich unterstützt und entlastet werden. Die Finanzierung dieser Ausstattung soll durch den Freistaat Sachsen erfolgen.

Attraktivität

Um dem steigenden Lehrkräftemangel entgegenzuwirken, muss der Lehrkräfteberuf in Sachsen attraktiver gestaltet werden.

Die Grundlage bietet dabei eine ansprechende Ausbildung, welche unter anderem durch beschriebene regionale, duale und praxisbezogene Angebote geschaffen werden sollte. Außerdem können Zusatzangebote wie Zuzahlungen für den Einsatz in Bedarfsregionen oder innovative Schulmodelle zur Aufwertung des Berufsbildes beitragen.

Auch der Berufsalltag der sächsischen Lehrkräfte muss attraktiver gestaltet werden, damit guter Unterricht zu gewährleistet werden kann. Dazu gehört, dass Lehrkräfte nicht zu überlastet sind und gezielt Seiteneinsteiger:innen gewonnen werden, die diese unterstützen. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Abminderungs- und Anrechnungsstunden für ältere Lehrkräfte ab dem 58. Lebensjahr. Auch Lehrkräfte, die besonderen außerunterrichtlichen Aufgaben nachgehen, wie Klassenleitungen oder in der gymnasialen Oberstufe unterrichten, sollen durch ausreichend Abminderungsstunden entlastet werden.

Aufhebungsbestimmungen

Die folgenden Beschlüsse werden aufgehoben: 49-12, 49-13, 49-27, 49-20, 50-06, 53-08, 55-04

Kategorien: 57. LDK, beschlossen: 2025