Die LDK hat beschlossen:
Politische Bildung im Unterricht
Politische Bildung als Querschnittsthema
Wichtigster Teil der politischen Schulbildung ist die politische Bildung im Unterricht. Politische Bildung soll zu kritischem Denken befähigen, Verständnis für politische Zusammenhänge schaffen sowie zur aktiven Beteiligung an Zivilgesellschaft und politischem Leben motivieren. Dazu gehört ein fachliches Grundwissen – z.B. zum Staatsaufbau oder zu Bestandteilen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung – dass in einem hierfür verantwortlichen Fach unterrichtet werden muss. Allerdings gehört dazu genauso eine Anwendung dieses Fachwissens auf verschiedenste thematische Zusammenhänge. Dafür wiederum braucht es alle anderen Schulfächer mit ihren konkreten Themenbeständen.
Politische Bildung muss als Querschnittsaufgabe des schulischen Lernens verstanden werden. Alle Unterrichtsfächer sind in der Pflicht, ihren Beitrag zur politischen Bildung zu leisten. Die Ankerfächer der politischen Bildung (konkret: GRW, GK, GeGK) haben eine herausgehobene Rolle, die Verantwortung für die politische Bildung darf aber nicht allein auf die Ankerfächer und deren Lehrkräfte abgeschoben werden.
Zu diesem Zweck müssen alle Schulfächer einen auf ihren Bedarf angepassten allgemeinen Teil der Lehrpläne enthalten, der fachdidaktisch passend politische Bildung in diesem Fach darstellt. Ferner sollen die Schulen in ihrer Schulprogrammarbeit geeignete Formen fächerverbindenden Unterrichts mit Fokus auf politische Bildung vorsehen.
Das Ankerfach GRW, GK oder GeGK
Neben der fächerübergreifenden Vermittlung genannter Unterrichtsinhalte braucht es ein eigenes Ankerfach der politischen Bildung. Dies ist das Fach GK (Gemeinschaftskunde/Rechtserziehung) an der Oberschule, am Gymnasium das Fach GRW (Gemeinschaftskunde/Rechtserziehung/Wirtschaft). Beide Fächer sollen in dieser Form erhalten bleiben, für das Gymnasium befürworten wir das gemeinsame Fach der politischen und ökonomischen Bildung. Dieses muss gleichwertig mit einem entsprechenden Stundendeputat in der Schule verankert werden und, um die Vermittlung von genanntem Wissen zu ermöglichen, schon ab Klassenstufe 5 unterrichtet werden. Die Wahlmöglichkeit zwischen Geschichte, Geographie und Gemeinschaftskunde/Rechtserziehung für Oberschüler*innen in der 9. Klasse, für die 10. Klasse, soll gestrichen werden. An den berufsbildenden Schulen sollen die Fächer Geschichte und Gemeinschaftskunde, welche bisher an vielen berufsbildenden Schulen in einem gemeinsamen Unterrichtsfach unterrichtet werden, in zwei eigenständige Unterrichtsfächer getrennt und entsprechend unterrichtet werden. Das Fach soll neben der reinen Wissensvermittlung auch durch Debatten, Diskussionen und Planspiele zur Teilnahme am politischen Diskurs befähigen.
Rolle des Geschichtsunterrichts
Der Unterricht im Fach Geschichte hat eine besondere Bedeutung für die politische Bildung. Er vermittelt den notwendigen historischen Kontext, in welchem die Inhalte des Ankerfaches der Politischen Bildung gesehen werden müssen. Politische Bildung muss auf die historische Bildung abgestimmt sein. Insbesondere der Besuch von Gedenkstätten im Kontext des Geschichtsunterrichts sollte immer mit den Fachlehrkräften des Ankerfachs der politischen Bildung abgesprochen werden.
Religions- und Ethikunterricht
Der Religions- bzw. Ethikunterricht trägt einen relevanten Teil der Politischen Bildung bei. Beide Fächer sollen Schüler*innen die Befassung mit Weltdeutungen und Weltanschauungen, also mit grundlegenden Auffassungen von Welt und Sein, ermöglichen.
Diese Weltanschauungen bilden gleichzeitig die Wertebasis für die Gesellschaft und auch für die Politik. Dass verstehen solcher Zusammenhänge ist daher zum Verstehen politischer Zusammenhänge und demokratischer Grundwerte relevant. Genau deswegen ist ein gemeinsames Grundwissen aller Schüler*innen hierzu relevant.
Der Religionsunterricht muss zeitgemäßer gestaltet werden. Bis zur 8. Klasse sollte der Religionsunterricht aller Religionsgemeinschaften gemeinsam mit dem Ethikunterricht als Moral- und Glaubenskunde stattfinden (Philosophie). Mit Eintritt in die 8. Klasse können Schüler*innen frei zwischen Ethik und Religion wählen. Der Moral- und Glaubenskunde-Unterricht ist im humanistischen Sinne als ein kollektiver Austausch zwischen den Religionsgemeinschaften zu gestalten. Bietet es die Zahl der Schüler*innen an, so sollen ab der 8. Klasse Kurse für je eine Religionsgemeinschaft geschaffen werden. Hier sollen auch schulübergreifende Gruppen gebildet werden können. Das Fach Moral- und Glaubenskunde wird gemeinsam oder abwechselnd je nach Thema von Religions- und Ethiklehrkräfte unterrichtet.
Zugängliche Demokratiebildung
Der Unterricht ist die niedrigschwellige Möglichkeit, Demokratie für alle Kinder und Jugendliche verständlich zu machen. Deshalb kommt diesem Ort beim Thema Demokratiebildung eine besondere Verantwortung zu. Hier sollten Schüler*innen ein demokratisches Wertesystem und eine historisch-politische Urteilsfähigkeit entwickeln können, für ein demokratisches Leben notwendiges Wissen und Fähigkeiten vermittelt bekommen und ermutigt werden zu gesellschaftlicher Teilhabe. Politische Bildung ist nicht werteneutral. Sie steht auf dem Fundament der Werte der Demokratie, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und der offenen vielfältigen Gesellschaft.
Themen wie die Grundprinzipien der freiheitlich-demokratischer Staats- und Gesellschaftsordnung, die politische und rechtliche Ordnung der BRD und EU, internationale Beziehungen, Europabildung, Medienbildung und eine kritische Erinnerungskultur müssen daher Unterrichtsinhalte aller Schüler*innen sein und nicht nur die von Wahlbereichen und Wahlkursen.
Im Zusammenhang der Demokratiebildung sollen sich Schüler*innen auch mit dem Umgang mit der pluralistischen Gesellschaft und der Rolle ihrer Minderheiten auseinandersetzen. Dafür sollten insbesondere Gedenk-, Feier- und Aktionstagen genutzt werden. Zudem sollten endlich die sexuelle und geschlechtliche Vielfalt und das gesellschaftliche Probleme der Queerfeindlichkeit verbindlich im Lehrplan aller Schulen verankert werden.
Zur politischen Schulbildung und der damit einhergehenden Erfahrbarmachung von Politik und Demokratie gehört auch Schüler*innenpartizipation. Die Mitsprache und Mitbestimmung der Schüler*innen bei Unterrichtsgestaltung, -organisation, -entwicklung und -inhalten sollten deshalb Grundsätze der Arbeit von Lehrkräften und staatlichen Institutionen sein und Schüler*innenmitwirkungsstrukturen, besonders die Schüler*innenvertretung, sollten im Unterricht vermittelt werden.
Politische Bildung muss für alle Schüler*innen unabhängig von ihrer Herkunft eine relevante Rolle in der schulischen Bildung darstellen, dabei muss besonders auf sprachliche Lernbarrieren Rücksicht genommen werden und versucht werden diese zu umgehen oder zu beseitigen. Besonders im Vordergrund steht dabei eine leichte, offene und gut verständliche Sprache, auch müssen passende Orte und Formate zum Vermitteln der Inhalte gewählt werden. Geflüchtete Jugendliche und Kinder sollen dadurch interdisziplinär in das sächsische Schulsystem integriert werden.
Rolle der Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE)
Einhergehend mit der Demokratiebildung sollte auch BNE eine fächer- und klassenstufenübergreifende Rolle im Unterricht und der politischen Bildung spielen.
Die Erziehung der Schüler*innen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln soll wichtigste Grundlage von Schulbildung sein. BNE einerseits sowie politische Bildung und Demokratieerziehung andererseits sind eng miteinander verbunden und müssen auch in dieser Art als verzahnte Bildungsziele aufgefasst werden.
Auch sollten sich alle Schüler*innen im Unterricht mit dem Problem des Klimawandels und seinen Folgen beschäftigen. Besonders an der Oberschule ist dies noch zu wenig und wenn nur als Empfehlung oder Wahlmöglichkeit in die Lehrpläne integriert.
Außerunterrichtlichen Einrichtungen
Politische Bildung gut zu vermitteln, macht es nötig, über die einzelnen Unterrichtsstunden hinaus zu denken. Gerade der Besuch von außerschulischen Einrichtungen bietet dabei ein weites Feld an Möglichkeiten, es müssen also Anreize und Perspektiven geschaffen werden, in welchen diese Einrichtungen auch innerhalb der Unterrichtszeit besucht werden können.
Gedenkstättenbesuche
Gedenkstätten sind Orte, die an positive oder negative Ereignisse der Geschichte erinnern. Sie sind in der Regel Orte, die besonders mit diesem geschichtlichen Ereignis verbunden sind. Es gibt Gedenkstätten für vielerlei Ereignisse. Insbesondere sind die Gedenkstätten, die unter dem Dach der Stiftung Sächsische Gedenkstätten organisiert sind, relevant. Die Stiftung trägt die wichtigsten Gedenkstätten der Erinnerung an die Opfer der NS-Diktatur und der DDR. Diese Orte sind besondere außerschulische Lernorte, vor allem für den historischen Kontext der politischen Bildung. Sachsen ist ein Land mit zahlreichen solcher Gedenkstätten, zudem liegt Sachsen geografisch nah an den NS-Gedenkstätten in Polen und Tschechien.
Besonders der Besuch von NS-Gedenkstätten soll in Zukunft verpflichtend sein, die Schulen sollen die Exkursionen für Schüler*innen ab der 9. Klasse organisieren, die durchführenden Lehrkräfte müssen dabei besonders auf die Probleme der Thematik und den Umgang mit den Schüler*innen in diesem Umfeld geschult werden.
Die Gelder für diese und Fahrten zu Gedenkstätten im Allgemeinen müssen dabei aufgestockt werden und im Bestfall zukünftig komplett übernommen werden.
Gerade im Kontext von Gedenktagen müssen die Besuche solcher Gedenkstätten stärker berücksichtigt werden. Gedenktage sollen des Weiteren auch außerhalb von Exkursionen stärker in den Schulalltag eingebunden werden.
Parlamentsbesuche und Planspiele
Das Herz der Demokratie in Deutschland sind die gewählten Volksvertretungen. Das schließt Gemeinde- undStadträte, den Landtag, den Bundestag und das Europäische Parlament mit ein. Parlamente sind offene Orte, die inder Regel eigene Besucherprogramme vorhalten. Besuche dieser Orte bieten die Gelegenheit, politische Bildungam Ort des Geschehens zu ermöglichen. Allen Schüler*innen soll ein kostenfreier Besuch eines Parlamentesermöglicht werden.
Gerade in Bezug auf das Ankerfach ist die Unterstützung eines Planspieles sinnvoll und wünschenswert.Dieses Instrument des live simulierten politischen Prozesses sollte in Zukunft mehr gefördert werden.
Service Learning
Beim flächendeckenden Ausbau der politischen Bildung kann auch das sogenannte Service Learning eine Rollespielen, diese Unterrichtsmethode macht es möglich, dass gesellschaftliches Engagement von Schüler*innen mitfachlichem Lernen im Unterricht verbunden wird, dabei wird kognitives Lernen mit dem Übernehmen vonVerantwortung kombiniert. Somit kann auch explizit gehören, dass Schüler*innen im Rahmen der Schüler*innenvertretung die Wirksamkeit politischen Handelns durch schulische Projekte der Mitwirkung und Mitgestaltung erfahren. Auch andere Projekte wie z.B. genialsozial können hierfür einen sinnvollen Beitrag leisten. Die Unterstützung solcher Projekte durch den Freistaat soll ausgebaut werden.
Jugendwahlen
Formate wie die Juniorwahl oder die U18-Wahl sind Wahlsimulationen, bei denen die alle Schüler*innen unabhängig von ihrer Wahlberechtigung ihre Stimme für die Nachstellung einer realen Wahl abgeben können. Solche Formate bringen den Wahlprozess allen Schüler*innen schon ab jungem Alter näher. Andersals Wahlen zur SV bilden sie eine gleichzeitig stattfindende reale Wahl wieder, die Schüler*innen auchaußerhalb der Schule im Alltag wahrnehmen. Voraussetzung ist eine gute Vorbereitung insbesondere in den Ankerfächern der politischen Bildung.
Wir fordern, dass solche Jugendwahlen verpflichtend an allen Schulen durchgeführt werden sollen, anlässlich der Kommunal-, Landtags-, Bundestags- und Europawahlen.
GTA
Auch das GTA-Angebot soll für GTA mit Bezug zu politischer Bildung und Demokratieerziehung geöffnet werden. Der Ausbau von Kooperationen mit außerschulischen Bildungsakteuren kann hierbei helfen. Dasselbe gilt für bestehende Projekt, die bereits dazu einen Beitrag leisten, Beispiele für solche Programme sind »genialsozial«,»Peer Training« und »Mitwirkung mit Wirkung«, aber auch Formate wie »Jugend debattiert«.
Lehrkräfte
Lehrkräfte haben die Aufgabe und Verantwortung eine vermittelnde Position für Schüler*innen einzunehmen,welchen es schwer fällt an politischer Bildung zu partizipieren. Besonders die Frage nach dem Umgang mit Schüler*innen, welche einen integrativen, inklusiven und/oder radikalisierten Hintergrund besitzen. Hierfür muss politische Bildung inklusiv, integrativ und nachhaltig gestaltet sein.
Damit politische Bildung im Unterricht und Schulfeld gelingen kann, braucht es aufgeklärte, sensibilisierte, qualifizierte Lehrkräfte. Als Querschnittsthema für alle Fächer muss politische Bildung in die Lehrkräfteausbildungaller Fächer eine Rolle spielen.
Politische Bildung ist ein sich immer weiterentwickelndes Feld, welches sich in allen Aspekten des Lebens und Unterrichts wiederfindet. Lehrkräfte und Schüler*innen werden in ihrer Schulzeit immer wieder aufs Neue mitneuen Methoden in Berührung kommen.
Gerade in Zeiten des Lehrkräftemangels braucht es ausreichend qualifizierte Lehrkräfte. Besonders an berufsbildenden Schulen, welche einen deutlich hohen Anteil an fachfremden unterrichtenden Lehrkräften aufweisen, braucht es einen Ausbau der universitären Lehrkräftebildung für Fächer der politischen Bildung, damit dieser Anteil deutlich zu reduziert wird. Weiterhin braucht es Maßnahmen,welche zur Gewinnung des Lehrkräftenachwuchses in der Politischen Bildung analog zum technisch- naturwissenschaftlichen Bereich zu initiieren und berufliche Schulen aufzufordern, einschlägig qualifizierte Lehrkräfte für Politische Bildung einzustellen.
Neben den neuausgebildeten Lehrkräften brauchen auch Lehrkräfte, welche schon im System sind, ein regelmäßiges Fortbildungsangebot. Diese Angebote müssen ständig ausgebaut und erweitert werden.
Bau
Wir setzen uns für die Einführung von Fachräumen für politische Bildung in den Schulen ein. Bisher sind anSchulen meist nur spezielle Fachräume für naturwissenschaftliche Fächer vorgesehen. Fachräume für dieKernfächer der politischen Bildung (GRW, GK) könnten für diese Fächer entsprechend ausgestattet sein – mitLiteratur, Gesetzestexten, Karten usw., auch die Sitzordnung kann so gestaltet werden das Diskussionen undDebatte, die ein wichtiger methodischer Teil des Unterrichts in diesen Fächern sind.